Prävention
„There is no glory in prevention“
Diese Aussage aus der Corona-Pandemie bezeichnet den nachweislichen erfolgreichen Schutz von Leben (im Vergleich zu unseren Nachbarländern) durch ein konsequentes Einhalten von Abstandseinhaltung, Kontaktminimierung und MN-Maske. Für nicht wenige Menschen bedeuten diese Regeln eine subjektive Einschränkung der Lebensqualität mit entsprechend sinkender Akzeptanz der Maßnahmen. Ähnlich ergeht es den Empfehlungen zur Präventionsempfehlungen von kardiovaskulären Erkrankungen.
Angesichts eines weit verbreiteten ungesunden Lebensstils und unbehandelter Risikofaktoren wie Übergewicht, erhöhten Cholesterinwerten, Diabetes und Bluthochdruck ist es für uns umso wichtiger, über das Thema Herzgesundheit bestmöglich zu informieren.
Nur etwa 25 Prozent des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen sind genetisch vorherbestimmt. Der weitaus größte Anteil werde durch das Gesundheitsverhalten der Patienten bestimmt.
Warum ist die kardiovaskuläre Prävention wichtig?
Atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) sind weltweit die führende Ursache von vorzeitigem Tod, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. In Europa sind 42 % aller Todesfälle bei Frauen und 38 % aller Todesfälle bei Männern in einem Alter unter 75 Jahren auf CVD zurückzuführen.
Da viele Riskofaktoren wie z. B. erhöhte LDL-Cholesterinwerte oder ein erhöhter Blutdruck völlig symptomlos sein können, treffen derartige plötzliche Todesfälle oder Erkrankungen auch Menschen, die sich vorher völlig gesund gefühlt haben. Bestimmte Maßnahmen der kardiovaskulären Prävention (z. B. Aufzuhören zu Rauchen) können maßgeblich dafür sein, derartige dramatische Lebensereignisse zu verhindern.
Welches Potential hat die kardiovaskuläre Prävention?
Die European Society of Cardiology (ESC) sieht ein sehr großes Potential für die kardiovaskuläre Prävention. Es wird davon ausgegangen, dass die Beseitigung von gesundheitsgefährdendem Verhalten bzw. Risiken mindestens 80 % der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 40 % der Krebserkrankungen verhindern kann.
Ziele
Die Ziele der kardiovaskulären Prävention beziehen sich auf Gesunde oder Menschen mit bestimmten kardialen Risikofaktoren und/oder Erkrankungen. Man unterscheidet Maßnahmen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention sowie der quartären Prävention.
1. Rauchen
Kernziel: Keine Tabakwaren jeglicher Art
Mit dem Rauchen aufzuhören, ist die kostenwirksamste Strategie zur kardiovaskulären Prävention. Am wirksamsten sind Kurzinterventionen mit Hilfen bei der Beendigung des Rauchens unter Einsatz von Arzneitherapie(n) sowie die Unterstützung im Langzeitverlauf. Passivrauchen vermeiden
2. Ernährung
Kernziele: Niedriger Gehalt an gesättigten Fettsäuren, Bevorzugung von Vollkornprodukten, Gemüse, Früchten und Fisch
3. Körperliche Aktivität/Sport
Kernziele: Mindestens 150 Minuten/Woche gemäßigtes aerobes Fitnesstraining (je 30 Minuten an 5 Tagen/Woche) oder 75 Minuten/Woche intensives aerobes Fitnesstraining (je 15 Minuten an 5 Tagen/Woche) oder eine Kombination davon
4. Körpergewicht
Kernziele: BMI 20–25 kg/m2, Taillenumfang < 94 cm (Männer) oder < 80 cm (Frauen)
Bei Übergewicht wird empfohlen, möglichst bis zum Erreichen eines gesunden Gewichts abzunehmen, um Blutdruck, Dyslipidämie und das Diabetes-Typ-2-Risiko zu senken und damit das kardiovaskuläre Risikoprofil zu verbessern.
5. Blutdruck
Kernziel: < 140/90 mmHg
Bei gebrechlichen älteren Menschen kann der Blutdruckwert etwas höher liegen, bzw. niedriger bei den meisten Patienten mit Diabetes mellitus und einigen mit (sehr) hohem kardiovaskulärem Risiko behafteten Patienten ohne Diabetes mellitus, die eine Kombination aus mehreren blutdrucksenkenden Mitteln vertragen. Differenzierte Empfehlungen zur kardiovaskulären Prävention und Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie sind zu beachten.
6. Blutfette
LDL-Cholesterin (LDL-C) ist der primäre Zielparameter für Blutfette.
Bei sehr hohem kardiovaskulären Risiko: < 1,8 mmol/l (< 70 mg/dl optimaler < 55 mgdl) oder eine Senkung um mindestens 50% bei einem Ausgangswert zwischen 1,8 und 3,5 mmol/l (70 bzw. 135 mg/dl)
Bei hohem kardiovaskulärem Risiko: < 2,6 mmol/l (< 100 mg/dl) oder eine Senkung um mindestens 50% bei einem Ausgangswert zwischen 2,6 und 5,2 mmol/l (100 bzw. 200 mg/dl)
Bei mittlerem bis niedrigem kardiovaskulärem Risiko: < 3,0 mmol/l (< 115 mg/dl)
Je nach Schwergrad der LDL-C Erhöhung und dem kardiovaskulären Risiko können Änderungen der Lebensweise, Ernährungsmaßnahmen und/oder medikamentöse Therapien erforderlich sein.
HDL-C ist kein Zielparameter, aber > 1,0 mmol/l (> 40 mg/dl) bei Männern bzw. > 1,2 mmol/l (> 45 mg/dl) bei Frauen ist ein Hinweis auf ein niedriges Risiko.
Triglyceride sind kein Zielparameter, aber < 1,7 mmol/l (< 150 mg/dl) sind ein Hinweis auf ein niedriges Risiko. Bei erhöhten Werten empfiehlt sich das Überprüfen weiterer Risikofaktoren.
Diabetes mellitus
Kernziele: HbA1c < 7% (< 53 mmol/mol). Unmittelbar nach Diagnose eine Typ-2-Diabetes: ≤ 6,5% (≤ 48 mmol/mol)
Typ-2-Diabetes
Der weltweite Anstieg der Häufigkeit von Typ-2-Diabetes stellt eine immer größere Herausforderung dar, der gesundheitspolitisch noch nicht adäquat begegnet wird. Sehr wichtig ist eine multidisziplinäre Vorgehensweise.
Ein zentraler Angriffspunkt ist die Steuerung der Lebensweise, um die Gewichtskontrolle durch eine nachhaltige Änderung der Ernährungsgewohnheiten und mehr körperliche Aktivität/Sport zu fördern.
Die Wirkungsweise und die Risiken industriell hergestellter Lebensmittel und deren Inhaltsstoffe für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes, Metabolischem Syndrom und Fettleber sollten kritisch geprüft und ggf. reguliert werden.
Bevölkerungsweite Ansätze bei der Ernährung sind dabei von Bedeutung. Es werden gesetzliche Bestimmungen zur Zusammensetzung von Lebensmitteln empfohlen, z.B. den Kaloriengehalt, den Gehalt an Salz und gesättigten Fettsäuren sowie den Gehalt an (zugesetztem) Zucker bei Lebensmitteln und Getränken zu senken bzw. die Portionsgröße zu begrenzen.